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Channel: Seite 384 – Unser Havelland (Falkensee aktuell)
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Unstimmigkeiten in Falkensee: Was soll die alte Stadthalle ersetzen?

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Die alte Stadthalle von Falkensee wird nicht mehr gebraucht, die alte Stadthalle kann weg. Doch obwohl die neu gebaute Stadthalle bereits ins dritte Jahr geht, verschandelt der ungenutzte alte Bau weiterhin das Stadtbild im Zentrum um die Bahnhofstraße herum. Warum wird die Ruine nicht beseitigt? Klarer Fall: Laut Vertrag mit der Stadt Falkensee ist es die Aufgabe des Investors, die alte Stadthalle abzureißen und den Schutt zu entsorgen. Der Investor, das ist die Residenz am Gutspark UG aus Braunschweig.

Michael Betker und Jörg Rade sagen in dessen Auftrag ganz klar: „Wir haben noch immer keinen gültigen Kaufvertrag. Der muss durch die SVV erst noch freigegeben werden. Bevor wir den Kaufvertrag nicht haben, können wir keine weiteren Maßnahmen ergreifen. Wir sind bereits mit sehr viel Geld in Vorleistung gegangen. Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem wir sagen: Bitte entscheiden Sie, was Sie eigentlich wollen, damit wir vorankommen und endlich etwas unternehmen können. Wir wundern uns, dass die Diskussion jetzt schon wieder von vorne losgeht.“

Die Diskussion, sie fand am 25. Februar im Foyer der neuen Stadthalle statt. Hans-Peter Pohl hatte im Auftrag der AG Zentrum zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung eingeladen: „Nachdem über die Pläne zum Nachfolgebau der alten Stadthalle in den vergangenen Wochen viel spekuliert worden ist, haben wir den Investor gebeten, seine Konzepte und Planungen für dieses wichtige Projekt zur Belebung des Falkenseer Zentrums vorzustellen.“

Thomas Zylla als Baudezernent und 1. Beigeordneter von Falkensee brachte vor etwa 100 Zuschauern aus Politik, Wirtschaft und Bürgerschaft noch einmal die Zahlen zur Kenntnis. 2010 wurde die neue Stadthalle als Zwillingshalle im Haushalt eingeplant. 2014 wurde ein Interessenbekundungsverfahren gestartet – mit dem Ziel, dass sich Investoren für das Areal der alten Stadthalle bewerben können. Der daraufhin gefundene Investor finanzierte 2017 aus eigenen Mitteln einen Architekturwettbewerb. Im Juni 2017 wählte eine Jury einstimmig den Siegerentwurf. Im Juli beschloss die SVV, das Ergebnis des Wettbewerbs planungsrechtlich im Bebauungsplan F 17 A zu sichern und parallel dazu einen städtebaulichen Vertrag zu dem geplanten Objekt abzuschließen.

Der Ersatzbau für die alte Stadthalle sieht einen teilweise viergeschössigen Bau vor. Im Erdgeschoss soll es auf 2.700 Qua­dratmetern mehrere Geschäfte aus dem Einzelhandel geben. Darüber können etwa 90 Wohnungen entstehen. Die Stellplätze für die neuen Mieter sollen in einer Tiefgarage realisiert werden. Weitere Stellplätze für die Kunden der Gewerbe und einer etwaigen Gastronomie wird es laut aktuellen Plänen in einer Art Innenhof geben. Michael Betker: „Die Pläne, im neuen Gebäude einen Discounter einzurichten, sind vom Tisch. Es gab auch eine Anfrage von einem Stadthotel, einen Teil der Fläche für einen Hotelbetrieb zu nutzen.“

Das erste Problem, das zurzeit noch für Diskussionen sorgt: Der Grundriss der geplanten „Residenz am Gutspark“ passt nicht exakt zu dem ursprünglich im Kaufvertrag definierten Grundstück. Es müsste nachgebessert werden. So müsste u.a. der öffentliche Platz auf einer Fläche von 500 Quadratmetern mit einem Teil der Tiefgarage unterbaut werden. Michael Betker: „Wir haben eine Option im Vertrag, die zu erwerbende Grundstücksfläche nachzubessern – und diese Option möchten wir nun auch ziehen. Wir benötigen den angepassten Kaufvertrag, um loslegen zu können.“

Das zweite Problem: Auf der einen Seite äußert die Europaschule am Gutspark Bedenken gegen den Neubau, auf der anderen ist die Kirchengemeinde Seegefeld auch nicht so ganz vom neuen Nachbarn überzeugt.

Grundschulrektorin Regina Beyer findet das neue Bauprojekt sehr ansprechend. Aber: „Das Gebäude rückt bis auf 13 Meter an unser Schulhaus heran. Das ist viel zu dicht. Wir glauben, dass der Lärm ein großes Problem für unsere Schule sein wird. Außerdem wird das knapp 18 Meter hohe Gebäude einen Großteil unseres Schulhofs beschatten. Auf unserem Schulfest haben wir mit Stühlen markiert, wie weit der Schatten des Neubaus im Sommer und im Winter reicht – und waren entsetzt. Schade wäre auch, wenn die Bäume zwischen der alten Stadthalle und der Schule weichen müssen. Wir sind doch eine Gartenstadt. Das Campusgelände ist leider schon eine Betonwüste ohne Aufenthaltsqualität. Der Falkenseer Anger, der durch diese Bauweise geschont werden soll, den kenne ich selbst gar nicht, obwohl ich doch in Falkensee geboren wurde. Und meine Eltern auch nicht. Die Zugezogenen erst recht nicht. Darauf brauchen wir doch keine Rücksicht zu nehmen. Wir haben schon genug Unfug in Falkensee erlebt. Wir wollen, dass alles vorher durchdacht wird und nicht hinterher, wenn es dafür zu spät ist.“

Bürgermeister Heiko Müller: „Wir haben der Schule eine zusätzliche Fläche für den Schulhof angeboten, die weiter weg von der zu bebauenden Fläche gelegen ist. Da scheint auch immer die Sonne.“

Michael Eward als stellvertretender Gemeindekirchenrat sprach für die Gemeinde Seegefeld: „Es liegt ein toller Entwurf vor. Es ist super, das Zentrum zu beleben. Die Höhenverhältnisse habe ich aber erst heute so richtig wahrgenommen. Mein Glückwunsch gilt schon jetzt den Bewohnern der oberen Geschosse. Sie werden morgens um halb zehn von unserer Glocke aus dem Bett geworfen werden. Da sollten die Investoren dringend für einen guten Schallschutz sorgen. Unser Kirchturm wird das Gebäude leider kaum noch überragen. Je weiter der Bau nach vorn und damit weg von der Schule kommt, umso näher rückt er an unsere Kirche heran. Auch verschwindet dann unser schöner Platz mit dem Brunnen. Ich hoffe sehr, dass durch die Baumaßnahmen wie etwa eine Grundwasserabsenkung kein Schaden an unserem historischen Kirchengebäude entsteht.“

Die Diskussion wurde in der Folge recht erhitzt geführt. Es ging um den zu erwartenden Lieferverkehr der neuen Anlage, um eine mögliche Fassaden- und Dachbegrünung und um einen barrierefreien Zugang.

Bernhard von Schröder als neu gewählter Chef der IGZ sprach für die AG Zentrum: „Es gibt zurzeit sehr viele Bauprojekte im Falkenseer Zentrum, die bereits im Entstehen sind. Sie schaffen neuen Wohnraum und Platz für neues Gewerbe. Ich befürchte, dass wir hier abgehängt werden und dass sich das Zentrum in Richtung Süden verlagert, wenn wir hier an der Alten Stadthalle nicht endlich einmal Gas geben. Ich bin traurig, bereits so viele Jahre an einer Bauruine vorbeifahren zu müssen.“

Peter Kissing (SPD) von der Stadtverordnetenversammlung: „Wir haben uns in der SVV die Architektenentwürfe angesehen und der Gewinner war schon der beste. Ich war selbst als Schüler auf der Europaschule und kann mich nicht erinnern, dass wir in der Pause nur in der Sonne gestanden haben. Ich bitte um Zustimmung zum Projekt und nicht um Panikmache.“

Amid Jabbour (FDP): „Nicht, dass alle denken, dass es in der SVV nur eine Meinung gibt. Ich bin überzeugt, dass der geplante Neubau das Zentrum aufwerten kann. Aber warum er so nah an die Schule heranrücken muss, das bleibt für mich nicht nachvollziehbar. Ich befürchte auch, dass sich bestimmte Fehler wiederholen – wie die Verkehrsanbindung.“
Tatsächlich würde die „Residenz am Gutspark“ komplett über die kleine Stichstraße „Am Gutspark“ angebunden werden. Diese Stichstraße könnte dann vor der Schule nach links abbiegen und zur Scharenbergstraße und zur neuen Stadthalle führen – mitunter sogar als Einbahnstraße.

Jörg Rade: „Da es keinen Discounter mehr in unserem Plan gibt, wird es auch keine Laderampe geben. Es werden auch keine Laster durch die Straße fahren.“

Trotzdem würde natürlich der Verkehr auf einem der Hauptzufahrtswege zur Grundschule massiv ansteigen. Eine Gefahr für die Schüler, die auf dem Schulweg dann eine ganz neue Verkehrssituation vorfinden? Dieses Thema kam auf dem Diskussionsabend gar nicht zur Sprache.

Am Ende der etwa zweieinhalbstündigen Informationsveranstaltung, die keinen direkten Konsens brachte, stand stattdessen diese Frage im Raum: Wann könnte der Bau denn endlich starten?

Jörg Rade: „Wir würden gern so schnell wie möglich den Kaufvertrag erhalten und noch 2019 das Bebauungsverfahren weitgehend beenden. Dann würden wir massiv in die Planung gehen; mit möglichen Mietern konnten wir ja noch gar nicht sprechen. Mitte 2020 könnte die Baugenehmigung da sein. Dann erst könnte der Bau beginnen.“ (Text/Fotos: CS)

Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 157 (3/2019).

Der Beitrag Unstimmigkeiten in Falkensee: Was soll die alte Stadthalle ersetzen? erschien zuerst auf FALKENSEE.aktuell.


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