Mitten im herrlichen Mischwald von Brieselang leuchtet einem ein grünes Feld schon von weitem durch das Unterholz entgegen. Auf vielen Quadratmetern schieben sich hier handlange Blätter ins Licht – und es duftet äußerst intensiv nach frischem Knoblauch. Kräuterfee Tina (www.kraeuterfeetina.de), Kräuterpädagogin aus Falkensee, freut sich über alle Maßen: …
… „Das ist der echte Bärlauch (Allium ursinum). Diese Pflanze ist verwandt mit dem Schnittlauch, der Zwiebel und dem Knoblauch. Als Wildgemüse wird der Bärlauch von vielen Familien sehr geschätzt. Viele ernten gern eine Handvoll der aromatischen Blätter im Wald und verarbeiten sie ganz frisch zu Pesto oder machen daraus einen Bärlauch-Quark oder eine Kräuterbutter.“
Normalerweise sprießen die Blätter Anfang, Ende März. Nach der Blüte soll die Würzigkeit der Blätter deutlich nachlassen, weswegen es für Bärlauchkenner wichtig ist, die ersten zarten Blätter zu ernten.
Martina Bauer, wie die Kräuterfee richtig heißt, sagt: „Aufgrund des milden Winters ist der Bärlauch in diesem Jahr aber schon sehr früh dran. Man konnte die ersten Blätter bereits Ende Februar zupfen.“
Der Bärlauch wächst sehr gern in Laubwäldern auf besonders humusreicher Erde. Hier bildet die Pflanze unterirdisch kleine Zwiebeln aus, aus denen sie dann Jahr für Jahr neu austreibt. Bärlauchfelder können große Ausdehnungen annehmen und den gesamten Waldboden eng besetzen.
Trotzdem steht der echte Bärlauch zumindest in Brandenburg auf der Liste der bedrohten Arten. Martina Bauer: „Es ist trotzdem erlaubt, sich für den eigenen Hausgebrauch ein paar Blätter zu pflücken. Nur in den ausgewiesenen Naturschutzgebieten, da muss man sich erkundigen, wie die Bestimmungen sind. Ich habe leider schon gesehen, wie manche Bärlauch-Liebhaber ganze Felder mit der Sense leergeerntet haben. Andere versuchen, die Pflanzen auszubuddeln, um sie in den eigenen Garten zu übernehmen. Ich appeliere sehr, die Blätter bitte so zu entnehmen, dass man gar nicht sehen kann, dass hier jemand vor Ort war. Ich zupfe mit den Fingernägeln mal hier und mal dort ein einzelnes Blatt ab. Wer die Blätter gleich büschelweise erntet, schadet damit nur der Pflanze. Schließlich braucht sie ihre Blätter, um neue Energie zu sammeln, die dann wieder in die Knolle wandert.“
Die Kräuterfee hat einen guten Tipp für alle Bärlauchsammler: „Ich habe immer ein Körbchen dabei mit einem feuchten Tuch. Die Blätter lege ich so in das Körbchen, dass sie von oben und unten von dem feuchten Tuch bedeckt werden. So kann das Körbchen gern ein paar Tage im Freien stehen bleiben – und die Blätter halten sich trotzdem frisch.“
Wichtig ist Martina Bauer auch das: „Bärlauch ist eine Wildpflanze. Wildpflanzen enthalten oft zehn Mal so viele Wirkstoffe wie Kulturpflanzen. Damit will ich sagen: Bärlauch bekommt nicht jedem. Er kann manchmal eine ziemlich durchschlagende Wirkung haben. In der Pflanzenheilkunde wird dem Bärlauch eine körper- und blutreinigende Wirkung zugesprochen. Man sagt, dass Bärlauch vor allem der Arteriosklerose vorbeugt, also der Verstopfung der Adern, die zu Schlaganfällen und Herzinfarkten führt.“
Der echte Bärlauch hat etwa handlange, zwei Finger breite Blätter, die an einem langen Stil hängen. Die Unterseiten der Blätter sind matt, nicht glänzend. Und wenn man die Blätter mit den Fingern zerreibt, so steigt ein intensiver Knoblauchgeruch auf.
Martina Bauer: „In Falkensee und Umgebung findet man im Wald oft auch den Berliner Bärlauch, der auch Wunder-Lauch genannt wird. Er hat längere und deutlich schmalere Blätter als der echte Bärlauch, lässt sich aber ähnlich lecker verwenden.“ Der Berliner Bärlauch stammt ursprünglich aus dem Kaukasus. Er wurde Mitte des 19. Jahrhunderts im Botanischen Garten in Berlin angepflanzt. Von hier aus ist er in die Berliner Nachbarschaft verwildert, so heißt es.
Es gibt viele Geschichten um den Bärlauch. Martina Bauer: „Seinen Namen hat der Bärlauch der Sage nach wie folgt bekommen. Die Menschen haben gesehen, wie der Bär nach seiner Winterruhe die ersten Schritte im Frühling unternommen hat, um sich am Bärlauch satt zu fressen. Da hat man daraus geschlussfolgert, dass der Bär seine Kraft aus dieser Pflanze zieht. Also hat man sie Bärlauch genannt – und sie oft auch vor dem Kampf im Krieg gegessen, um zusätzliche Kraft zu tanken.“
Später ließ sogar Kaiser Karl der Große in seiner Landgüterverordnung „Capitulare de villis vel curtis imperii“ befehlen, dass in jedem Garten der kaiserlichen Güter unter anderem der Bärlauch angepflanzt werden sollte. Der Bärlauch stand aber nicht immer und überall in der Gunst der Menschen. In den mittelalterlichen Klöstern war er nicht gern gesehen, weil er die Sinnlichkeit beflügeln sollte – und das wollte man lieber nicht riskieren. Der Geruch nach Knoblauch wurde zeitweise sogar mit dem Teufel in Verbindung gebracht und galt als unrein.
Derlei Gedanken gibt es heute nicht mehr. Vor dem hemmungslosen Genuss des Wildgemüses steht aber trotzdem noch eine klare Warnung von der Kräuterfee Tina: „Immer wieder wird der Bärlauch verwechselt mit dem Maiglöckchen, der Herbstzeitlosen und auch dem Gefleckten Aronstab. Das ist sehr gefährlich, weil alle drei Pflanzen sehr giftig sind und es hier durchaus um Leben und Tod gehen kann. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Unterschiede zwischen diesen Pflanzen genau zu kennen. Beim Maiglöckchen sind etwa die Unterseiten der Blätter nicht matt, sondern wie gelackt. Hier sollten sich Sammler im Vorfeld genau belesen – im Internet finden sich viele Seiten dazu. Generell sollte eine Bestimmung immer vor Ort im Wald stattfinden, weil Zuhause mitunter wichtige Merkmale nicht mehr ersichtlich sind.“
Aus dem Bärlauch macht die Kräuterfee gern ein Bärlauchsalz. Ihr Rezept für einen Un-Kraut-Quark mit Bärlauch: „Man nehme einen Becher Crème fraîche, einen halben Becher Frischkäse – und verrührt das mit klein geschnittenem Bärlauch, mit Giersch aus dem Garten und gern auch mit dem behaarten Schaumkraut. Den Quark kann man dann auch noch mit Taubnesselblüten und einer Bärlauchknospe garnieren. Dazu gibt es dann Pellkartoffeln. Guten Appetit.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 169 (4/2020).
Der Beitrag Frischer Bärlauch: Unterwegs in Brieselang mit der Kräuterfee Tina! erschien zuerst auf FALKENSEE.aktuell.