Das war vielleicht ein Jahr am Nymphensee. Das ganze Jahr gab es Streit um die Nutzung des Brieselanger Badegewässers. Der Pächter, der Bürgermeister, die Parteien in der Gemeindevertretung und auch die Bürger: Alle lagen sich in den Haaren und stritten sich wahlweise mit Verbots- oder mit Demonstrationsschildern. Bis der Landkreis ein Machtwort sprach. Ist der Diskurs damit beendet? Dürfen die Havelländer 2023 wieder unbeschwert in den Nymphensee springen? Eine Sondersitzung des Gemeindeentwicklungsausschusses zeigt: Der Zoff geht weiter.
Der Nymphensee ist das touristische Aushängeschild der Brieselanger und auch für die Bürger selbst das schönste Fleckchen im eigenen Naherholungsbereich. Bei schönem Wetter verbringt man gern seine Zeit am klaren Gewässer und zieht schwimmend seine Bahnen, während die Kinder am Ufer planschen.
In diesem sich langsam ausschleichenden Jahr war freilich alles anders. Der Pächter des Waldbades Frank Goslowsky hatte vor Ort zwar das gastronomische Angebot ausgebaut, für Ordnung und Sauberkeit gesorgt und viele Veranstaltungen durchgeführt. Es war ihm aber aufgrund des Fachpersonalmangels nicht möglich, zu seinen Öffnungszeiten permanent eine Badeaufsicht in Form eines ausgebildeten Rettungsschwimmers zu stellen.
Bürgermeister Ralf Heimann befürchtete, dass die Haftungsfrage bei einem Badeunfall auf die Gemeinde Brieselang übergehen könnte – und sperrte den Zugang zum See am 15. Mai vorsorglich noch vor dem Start der Saison. In der Folge sollte dem Pächter sogar fristlos gekündigt werden.
Um die Badesaison zu retten, schlugen die Fraktionen der CDU, von B‘90/Die Grünen, der Freien Wähler, der Linken und der SPD gemeinschaftlich einen komplett neuen Weg vor. Sie regten an, aus dem Waldbad eine Badestelle zu machen, die juristisch gesehen keine Aufsicht mehr benötigt. So kam es denn auch. Die Badegäste mussten bei der verspäteten Öffnung des Sees zu den Sommerferien plötzlich keinen Eintritt mehr bezahlen, nur die Parkgebühren blieben.
Verärgert reagierten die Bürger darauf, dass Bürgermeister Heimann den See trotzdem weiterhin eingezäunt ließ, den Nymphensee nicht rund um die Uhr öffnete, nur noch zwei Uferzugänge zum Baden erlaubte, eingeschränkte Schwimmzonen per Bojen auswies und zahllose Verbotsschilder aufstellte. Eine neue Haus- und Badeordnung regelte die Verbote.
Auf die zahlreichen Verbote reagierte schließlich sogar der Landkreis Havelland und monierte, dass es der Gemeinde Brieselang gar nicht erlaubt sei, die Badeaktivitäten auf dem Nymphensee einzuschränken, das sei allein Hoheitsgebiet der Wasserbehörde. Die Schilder wurden daraufhin zum Ende der Saison wieder entfernt. Damit ging bei den Bürgern die Hoffnung einher, dass es nun endlich einen Konsens gibt, was die Nutzung des Nymphensees im kommenden Jahr anbelangt. Doch weit gefehlt.
Am 17. November kam es zu einer Sondersitzung des Gemeindeentwicklungsausschusses, in der es allein um die weitere Nutzung des Nymphensees ging. Anstatt dass nun einvernehmliche Lösungen diskutiert wurden, kam es erneut zu einem deutlichen Disput.
Man muss wissen, dass die Gemeindeverwaltung im Auftrag der Gemeindevertretung vor der Umwandlung zur Badestelle ein Gutachten bei der „Gesellschaft für das Badewesen“ in Auftrag gegeben hatte. Auf dieses Gutachten hatte sich die Gemeindeverwaltung bei der Umsetzung ihrer Maßnahmen berufen. Nun wurde passend zur Sitzung am 17. November eine „ergänzende Stellungnahme des Gutachters“ eingeholt.
In dieser ergänzenden Stellungnahme wurde unter Verweis auf zahlreiche Gesetze und Gerichtsurteile Punkt für Punkt bestätigt, dass die Verwaltung der Gemeinde Brieselang in allen Punkten korrekt gehandelt habe – sowohl mit den Badeverbotszonen als auch mit den aufgestellten Schildern: „Damit sind derzeit die Vorgaben der DGldB-Richtlinie R 94.13 zu erfüllen, um die Verkehrssicherungspflicht einzuhalten. Dazu gehören dann insbesondere das Schaffen von sicheren Wasserzugängen an ausgewählten Stellen, Entfernen der Schlingpflanzen, Vermeiden von Nutzungskollisionen durch eine Abgrenzung der Wasserfläche sowie eine DIN-gerechte Beschilderung. Die Zonierung der Wasserfläche erfolgt üblicherweise mit Bojen oder Schwimmketten und DIN-gerechter Beschilderung.“
Christian Achilles, selbst Rechtsanwalt und für die „Bürger für Brieselang“ (BFB) in der Gemeindevertretung tätig, hob nach der Vorstellung der ergänzenden Stellungnahme schnell seine Hand. Er habe sich die zitierten Gerichtsurteile genau angesehen. Sie würden oft aus anderen Bundesländern stammen, in denen es eine abweichende Gesetzgebung zu Brandenburg gibt. Auch seien die Inhalte der Urteile oft nicht wirklich mit der Situation am Nymphensee vergleichbar.
Äußerst klar und präzise äußerte sich auch Michael Koch als zuständiger Dezernent der Kreisverwaltung Havelland vor Ort: „Ich möchte noch einmal eindringlich dafür werben, bei grundlegenden Veränderungen am Nymphensee vorher den Landkreis zu konsultieren, um gemeinsam Lösungen zu finden.“
Michael Koch machte einmal mehr seinen Standpunkt klar, dass bei der Nutzung des Nymphensees vorrangig die Wasserbehörde vom Landkreis zuständig sei – und nicht die Gemeinde. Nur die Wasserbehörde und bei Blaualgenbefall auch die Gesundheitsbehörde dürfe den Gemeingebrauch einschränken: „Fest steht aber, dass die nichtzuständige Behörde gehandelt hat.“
Die Ausweisung von Verbotszonen falle nicht in Zuständigkeit der Gemeinde. Und: Die Ausweisung als öffentliche Badestelle würde eh nur einen kleinen Teil des Sees betreffen. Der übrige Teil des Sees falle laut Wassergesetz unter die Gemeingebrauchsdefinition. Das bedeutet, dass der Bürger hier baden, tauchen, Boote einsetzen, das Vieh tränken und dem Eissport huldigen darf. Es sei denn, der Naturschutz oder ganz besondere Gefahren fürs eigene Leben stünden dem entgegen.
Michael Koch: „Was nicht funktioniert, ist Rosinenpickerei. Man kann nicht eine Zugangssteuerung wie bei einer Verpachtung durchsetzen und sich gleichzeitig aus der Haftung herausnehmen. Wenn man sich entschieden hat, eine öffentliche Badestelle einzurichten, muss man hinnehmen, dass sich Leute sieben Tagen die Woche und 24 Stunden am Tag am See aufhalten.“
Das würde bedeuten, dass die Einzäunung des Sees neu zu bewerten wäre. Und dass eine nächtliche Zugangsbeschränkung nicht aufrecht erhalten werden kann. Michael Koch machte sogar darauf aufmerksam, dass Parkgebühren am See nur nach Rücksprache mit dem zuständigen Straßenamt erhoben werden dürfen.
Der Dezernent ging auch noch einmal explizit auf die in diesem Jahr erfolgte Beschränkung der Schwimmzonen ein. Bislang durfte im Nymphensee nur dort geschwommen werden, wo „Schlingpflanzen“ gekrautet wurden. Michael Koch machte deutlich, dass es sich bei „Schlingpflanzen“ um keine biologische Pflanzenart handelt, sondern um normale Unterwasserpflanzen, die keine besondere Gefahr für Schwimmer darstellen – zumal sie bei einem diesjährigen Vor-Ort-Termin nicht oberhalb von anderthalb Metern Wassertiefe auszumachen waren: „Der Trugschluss ist, dass die festgelegten Krautungszonen gleichzeitig eine Ausschließlichkeit von Schwimmbahnen darstellen würden. Das ist definitiv nicht der Fall.“ So dürfe man auch außerhalb der Grenzen baden.
Bevor die nächste Badesaison genauso chaotisch startet wie die gerade abgehakte, sollten sich Bürgermeister und Landkreis schnell zusammensetzen und klare Lösungen finden. Michael Koch: „Der Landkreis hat Erfahrung mit Badestellen. Bei einer zweistelligen Anzahl Badestellen musste noch nie der Zugang eingeschränkt werden.“ (Text: CS / Fotos: CS / Patrick Hückstädt + Sonja Schröder)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 201 (12/2022).
Der Beitrag Badespaß ade? Nächste Runde: Streit um Nutzung des Nymphensees! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).