Da muss schon so etwas wie eine Corona-Pandemie kommen, um diese Truppe auszubremsen. Ansonsten stellt das „Theater im Glien“ nämlich seit vielen, vielen Jahren zuverlässig in jedem Herbst einen neuen Schwank vor, der im Schönwalder Schwanenkrug aufgeführt wird. Im großen Saal wird auch in diesem Jahr wieder für Intrigen, Aufreger und Verwechslungen auf der Bühne gesorgt. Das neue Stück heißt „Flirt-Duell im Kurhotel“.
Ach wie ist es schön, dass es auf dem Land noch viele kleine Theatergruppen gibt, die allein aus der Lust am Spiel heraus auf die Bühne klettern und den Zuschauern Unterhaltung bieten. Ohne dass es dafür nötig wäre, in die nahe Großstadt zu fahren.
Das „Theater im Glien“ (www.theater-im-glien.de) hat im Schönwalder Schwanenkrug eine Heimat gefunden. Seit vielen Jahren spielt die Truppe im großen Saal auf. Regisseur Dieter Borgelt freut sich sehr darüber, dass der Verein hier eine richtige Bühne nutzen darf: „Tatsächlich verbessert sich unsere Situation immer mehr. Inzwischen gibt es auch eine Vorbühne, die unsere Bühnenfläche deutlich vergrößert und es uns auch erlaubt, vor dem Vorgang zu spielen, während dahinter schon wieder umgebaut wird. Auch unsere Souffleuse findet unter der Bühne einen Platz, an dem die Zuschauer sie nicht sehen können.“
Das „Theater im Glien“ hat sich ganz auf den komödiantischen Schwank spezialisiert. Als Hausautor schreibt Norbert Franck der festen Truppe jedes Jahr ein neues Stück auf den Leib.
In der Vergangenheit hießen diese Komödien etwa „Doppelbeschattung mit Meerblick“, „Wer will denn schon nach Hollywood“, „Der Geist im Wein von Gut Tropfenstein“, „Komm doch übern Zaun“, „Lauter krumme Dinger“ oder – nach der Corona-Pause – „Alles Schwindel“.
Auch bei der achten Zusammenarbeit zwischen dem Autor aus dem fernen Speyer und der Theatergruppe aus Schönwalde-Glien wird das immer gleiche Stilmittel erneut zum Einsatz gebracht: Auf der Bühne treffen sich Menschen wie Du und Ich, die aus den verschiedensten Beweggründen am Ort der Handlung eintreffen, um sich hier kennenzulernen, sich gründlich mißzuverstehen, sich zu mögen und abzulehnen – und die sich trotzdem gemeinsam einer Aufgabe stellen müssen. Dabei kommt es immer wieder zu peinlichen Situationen, bösen Fettnäpfchen, verhängnisvollen Verwechslungen und haltlosen Verdächtigungen, von amourösen Verflechtungen ganz zu schweigen.
Das ist auch beim neuen Stück der Fall so, das den Titel „Flirt-Duell im Kurhotel“ trägt. Der Untertitel gibt die Richtung vor. Es wird „eine heiter bis wolkige Komödie mit reichlich Kurschatten“ gespielt.
Die Premiere fand am 28. Oktober statt. Am 25. November gab es das traditionelle Theaterdinner mit einem 3-Gänge-Menü für alle Zuschauer. Sieben Vorstellungen des Stücks gibt es insgesamt, die letzten finden am 21. Januar, am 3. und 25. Februar sowie am 16. März statt.
Und darum geht es: Wir befinden uns im Kurhotel „Lummerland“ direkt am Ostseestrand von Bad Lausewitz. Hier kehrt man ein, um sich von allem körperlichen und seelischen Leiden zu erholen, wenn man nur lange genug vor Ort bleibt. Lieselotte Lummer (Susanne Kosche) ist die Managerin des Hotels. Sie hat eine Liebschaft mit dem Lebemann Conny Brummer (Dieter Borgelt), der nicht nur eine Yacht vor Bad Lausewitz zu liegen hat, sondern auch keinem fremden Rock aus dem Weg gehen kann. An Lieselottes Seite arbeitet Marita Mauser (Kerstin Schöldgen), die sich mehr um die Psyche der Gäste kümmert. Sie bemüht sich vielleicht ein wenig zu sehr um Irene Zipfel (Carmen Zobel). Die ausgebrannte Powerfrau entdeckt, dass sie doch eher auf Frauen als auf Männer steht. Ronald Laiser (Klaus-Peter Thimm) ist ein bekannter Schlagersänger, den aber tatsächlich wirklich niemand kennt. Hektor Busse (Dirk Uhlmann) erkämpft sich als leidender Hypochonder das Mitleid der Damenwelt: „Ich habe das ganz schlimme Gefühl, dass etwas mit meiner Leber passiert ist. Nichts ist schlimmer, als wenn man mit seinen Schmerzen alleine gelassen wird.“ Aber seine Frau Laura (Gabriela Pösch-Borgelt) spioniert ihrem Mann aus Angst vor weiblichen Kurschatten bereits hinterher: „Ich schau dem Hektor mal lieber auf die Finger. Nicht, dass er sie da hat, wo sie nicht hingehören.“
Und dann ist da noch Katja Kleinschmitt (Heidi Pichel), die sich nicht entscheiden kann, ob sie als Kurschatten lieber den tollen Sänger oder den reichen Platzhirsch erhören soll. Derweil leidet Wilma Feuerstein (Gabriele Klös) an Verfolgungswahn.
Das neue Stück schafft es wunderbar, viele tolle Charaktere einzuführen. Die Schauspieltruppe, die gerade um Heidi Pichel erweitert wurde, nutzt die Vorlage und spielt einmal mehr einfach wunderbar. Die Darsteller haben es drauf, mit ihren Stimmen, mit der ganzen Körpersprache und mit einer leicht übertriebenen Mimik das Publikum im Sturm zu erobern und zum Lachen zu animieren.
Eine Komödie, die im Kurhotel spielt und amouröse Verflechtungen mit jeder Menge Kurschatten auf die Bühne bringen darf, sollte eigentlich ein Selbstläufer sein. Aber: Norbert Franck nutzt das leider nicht aus. Er schafft zwar tolle Charaktere, weiß aber am Ende nicht, was er mit ihnen anfangen soll. Es fehlen Gags und Lacher: Bei diesem Thema sollte man im Publikum eigentlich aus dem Lachen und Grinsen gar nicht mehr herauskommen.
Das Chaos, das sich auf der Bühne entfaltet, hätte größer sein müssen. Man hätte aus den Charakteren und Handlungsebenen noch so viel mehr herausholen können, vor allem aber brenzlige Situationen voll exzessiver Peinlichkeiten. So dümpelt das Stück zu ereignisarm vor sich hin, was sehr schade ist. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 213 (12/2023).
Der Beitrag Neues Stück vom Theater im Glien im Schwanenkrug: Flirt-Duell im Kurhotel! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).