Nicht umsonst sagt man sehr gern: Der stärkste Muskel des Körpers sitzt im Kopf. Und wo lässt er sich besser einsetzen als beim großen Denksport Schach. Nach drei Jahren Corona-Pause fanden nun vom 3. bis zum 5. November die XIV. Falkenseer Open statt. Über hundert Spielerinnen und Spieler in allen Altersgruppen nahmen am Amateurturnier teil – und spielten dabei auch gleich den neuen Kreis-Einzelmeister für den Landkreis Havelland aus.
Im großen Saal vom ASB Familien- und Jugendhilfezentrum in Falkensee sollte möglichst nicht gesprochen werden: Hier saßen sich viele Schach-Kombattanten an den quadratischen Brettern gegenüber, um nach reiflich Nachdenken Bauern, Pferd, Läufer, Turm, Dame oder König über die Felder zu schieben.
Die Falkenseer Open (www.falkenseer-open.de) sind ein reines Amateur-Turnier, das allen Schachspielern offensteht. Diese mussten, um mitmachen zu dürfen, weder im Deutschen Schachbund noch in einem offiziellen Verein Mitglied sein.
Veranstaltet wurde das Turnier vom „Kreisfachausschuss Schach HVL“ und dem „SV Hellas Nauen e.V.“ (www.hellas-nauen.de). Für die Organisation war der Falkenseer Mario Oberling verantwortlich. Er erklärte: „Bei den Falkenseer Open dürfen immer einhundert Spieler mitmachen. Da immer ein paar Spieler wegen Krankheit oder aus anderen Gründen nicht erscheinen, habe ich ein paar mehr Anmeldungen angenommen. Am Ende waren wir 105 Teilnehmer – so viele wie noch nie zuvor.“
An drei Tagen trafen die Kontrahenten im Schweizer System aufeinander. Abhängig von der Rating-Zahl im Schach, die man sich bei Turnieren und Spielen in der Vergangenheit erarbeitet hatte, wurde das Feld in die spielstärkere Königsgruppe und in die etwas schwächere Turmgruppe unterteilt.
Mario Oberling: „In jeder Gruppe haben wir das Feld noch einmal halbiert. Dann spielte immer der erste aus der einen Untergruppe gegen den ersten aus der anderen. So wurde sichergestellt, dass die Partien möglichst ausgewogen sind. Bei den einzelnen Paarungen spielten weder Geschlecht noch Alter eine Rolle.“
Ziel war es natürlich immer, die eigenen 16 Holzfiguren Zug für Zug so über das Schachbrett zu führen, dass der König des Gegners am Ende nicht mehr entkommen kann. Erfahrene Spieler überdenken dabei mehrere Züge im Voraus – und versuchen, die Reaktionen des Gegners vorauszuahnen und in die eigene Strategie mit einzuarbeiten.
Mario Oberling: „Ich habe selbst beim Turnier mitgespielt, das war ein großer Fehler. Ich spiele einfach automatisch um 200 bis 300 Rating-Punkte schlechter, wenn ich mich nicht alleine auf mein Spiel konzentrieren kann, sondern nebenbei immer noch die Organistion des Turniers mit im Hinterkopf habe. Bei den XIV. Falkensee Open hatten wir übrigens erstmals drei Schiedsrichter mit am Start. In den vergangenen Jahren waren es immer nur zwei.“
Bis zum Ende des Turniers hatten alle Spieler fünf Runden zu meistern. In jeder Partie hatten die Spieler 120 Minuten Zeit, um 40 Züge zu absolvieren. Mario Oberling: „Wer bei der Zeitkontrolle bis Blättchenfall noch vor dem 40. Zug war, verlor seine Partie. Ansonsten bekam jeder Spieler 30 Minuten mehr Spielzeit, um seine Partie zu beenden. Der Begriff ‚Blättchenfall‘ stammt noch aus der Zeit der analogen Uhren. Zu einem Blättchenfall kommt es, wenn das Blättchen des Sekundenzeigers vollständig den letzten Zeitstift auf dem Ziffernblatt passiert hat.“
Das Schachturnier hatte Strahlkraft weit über Falkensee hinaus, es kamen Spieler aus Oranienburg, Berlin, Halle, Magdeburg, Potsdam, Neuruppin oder Oberkrämer, um nur ein paar Orte zu erwähnen.
Mario Oberling: „Man kennt sich. Wenn man erst einmal ein paar Jahre im Schach unterwegs ist und gern Turniere spielt, kann man durch ganz Deutschland reisen und kennt immer ein paar der Spieler, die bei einem Turnier antreten. Man hat sein Netzwerk an Freunden und Bekannten auch aus den anderen Vereinen. Unser eigenes Turnier ist in der Szene als ‚Buletten-Turnier‘ bekannt, weil meine Schwiegermutter seit dem allerersten Turnier ihre leckeren Buletten beisteuert.“
Überraschend war auch dieses Mal wieder in Falkensee, dass sich viele junge Spieler dem Stress eines Turniers aussetzen – und bis zu zwei Stunden ruhig am Brett sitzen. Wie kommt es, dass Schach so viele Kinder und Jugendliche anspricht? Mario Oberling (55): „Das ist kein Selbstläufer, wir tun auch sehr viel dafür. Das ist viel Nachwuchsarbeit. Viele Kinder finden über unsere Schul-AGs zum Schach. Wir haben auch durchaus schon Kinder, die in der starken Königsgruppe antreten – und ihr Match gewinnen. Ich selbst habe mit 12 Jahren mit dem Schach angefangen, mein Vater hat es mir beigebracht. Ich bin dann einem Verein beigetreten – und schon ein halbes Jahr später hatte mein Vater keine Chance mehr gegen mich. Mein Lieblingsbuch in der Zeit hatte den Titel ‚ABC des Schachs‘.“
Beim Turnier gewannen die Spieler am Ende wunderschöne Pokale in der Form großer hölzerner Schachfiguren. Johannes Tschernatsch gewann die Königsgruppe, Zweiter wurde Michael Schulz, Dritter Aaron Gröbel. Florian Griebling dominierte die Turmgruppe. Hier wurde Lukas Hinkel Zweiter und Lukas Zimmermann Dritter.
Die Falkenseer Open wurden zugleich auch als „Offene Kreis-Einzelmeisterschaft des Landkreises Havelland“ gewertet. Alle Schachvereine aus dem Havelland hätten Spieler für diese Kreismeisterschaft entsenden können.
Mario Oberling: „Beim Turnier waren aber nur regionale Spieler vom SC Caissa Falkensee und vom SC Hellas Nauen mit dabei. Kreis-Einzelmeister wurde Manuel Seitz vom SC Caissa Falkensee.“
Nach der Turnierordnung des Landesschachbund Brandenburg e.V. (www.lsbb.de) sind die Kreis-Einzelmeister übrigens automatisch qualifiziert für die Landeseinzelmeisterschaft 2024. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 213 (12/2023).
Der Beitrag XIV. Falkenseer Open in Falkensee: König in Gefahr beim Schach! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).