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Channel: Seite 384 – Unser Havelland (Falkensee aktuell)
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Jugend fragt nach: Die Landtagskandidaten stellten sich den Fragen des Falkenseer Jugendforums!

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Barbara Richstein (CDU) verreist lieber in die Berge als ans Meer. Heiko Prüwer (AfD) liebt richtige Bücher, die noch nach einem Buch riechen, und lehnt e-Books ab. Ursula Nonnemacher (Die Grünen) trinkt lieber Kaffee als Tee. Das rühre noch aus ihrer Zeit im Krankenhaus her, als sich keine Nachtschicht ohne eine Kanne Kaffee überstehen ließ. Amid Jabbour (FDP) liebt Popcorn von der Popcorn Bakery – ganz egal, ob süß oder salzig.

Ines Jesse (SPD) ist Frühaufsteherin, aber nur gezwungenermaßen, weil sich ansonsten ihr Arbeitspensum nicht bewältigen lässt. Und Jörg Schönberg (Die Linken) kommt bislang ohne Tattoo und Piercing durchs Leben.

Diese kurzweiligen Einblicke in das private Empfinden der Landkreisdirektkandidaten aus dem Wahlkreis Havelland II (Falkensee, Dallgow-Döberitz, Schönwalde-Glien) förderten die beiden Moderatoren Toni Kissing und Anais von Fircks am 14. August gegen 11 Uhr im Foyer der Stadthalle zutage. Das Jugendforum Falkensee hatte die Direktkandidaten für die Landtagswahl am 1. September nämlich zu einem Gespräch mit den Jugendlichen eingeladen. Etwa 80 Schüler aus der Region hatten das Angebot für sich genutzt, die Politiker einmal ganz aus der Nähe ins Visier zu nehmen. Frei nach dem Motto: Wie stehen die Politiker eigentlich zu den Interessen der nachwachsenden Generation?

Marius Miethig vom Orga-Team: „Gerade die Landtagswahlen sind für viele Jugendliche sehr spannend, da hier bereits ab einem Alter von 16 Jahren gewählt werden darf. Deswegen ist es uns wichtig, die Kandidierenden aus der Gegend vorzustellen und sie in Hinblick auf ihre Wahlprogramme kritisch zu befragen.“

Das Jugendforum organisierte die auf zwei Stunden angesetzte Informationsveranstaltung äußerst professionell und auch sehr kurzweilig. So startete die Fragerunde mit einer schnellen Entweder-Oder-Fragerunde. Für alle Kandidaten stand dabei z.B. die Entscheidung im Raum: Hund oder Katze? Tee oder Kaffee? Berge oder Meer?

Anschließend ging es weiter mit ganz individuellen Aufgaben für die einzelnen Kandidaten. Das Jugendforum hatte bereits im Vorfeld typische Aussagen aus dem aktuellen Wahl-o-Mat für die Landtagswahl in Brandenburg auf Papierschnippsel geschrieben, die die Kandidaten abwechselnd aus einem Becher ziehen durften. Sie sollten die jeweilige These laut vorlesen und innerhalb von zwei Minuten dazu Stellung beziehen.

Barbara Richstein (CDU) zog den ersten Zettel. Ihr Statement: „Die intensive Tierhaltung (‚Massentierhaltung‘) soll im Land Brandenburg grundsätzlich verboten werden.“ Richstein dazu: „Ich esse selbst kein Fleisch. Wir brauchen in Brandenburg eine gute Tierhaltung. Generell ist es gut für das Klima, wenn weniger Fleisch gegessen wird.“

Den nächsten Zettel bekam Jörg Schönberg (Die Linken): „An der Grenze zu Polen sollen ständige Personenkontrollen durchgeführt werden.“ Er sagte dazu: „Nein. Wir haben EIN Europa, da brauche ich keine Grenzkontrollen. Ich bin strikt gegen eine Befestigung der Grenzen. Mauern hatten wir genug.“

Für Ursula Nonnemacher (Die Grünen) kam dieses Statement genau richtig: „An brandenburgischen Schulen soll ausschließlich das traditionelle Familienbild (Vater, Mutter, Kind) vermittelt werden.“ Sie konterte: „Nein. Wir müssen endlich weg vom Traditionsbild der 50er Jahre. Wollen wir denn die Zustände wieder zurück, als Frauen ihre Männer fragen mussten, ob sie arbeiten gehen dürfen? Ich sage: Es ist gut, dass sich lieben darf, wer möchte.“

Ines Jesse (SPD) bekam es mit einer heiklen Thematik zu tun: „Das Land Brandenburg soll sich dazu bereit erklären, aus Seenot gerettete Flüchtlinge aufzunehmen.“ Jesse: „Ja, es ist richtig, die Flüchtlinge aufzunehmen. Wenn Deutschland in Not wäre, dann wäre ich froh, wenn mein Sohn die gleiche Chance hätte, in einem anderen Land aufgenommen zu werden. Ich möchte nicht, dass irgendjemand da draußen stirbt.“

Amid Jabbour (FDP) fischte dieses Statement aus dem Eimerchen: „Bei der Besetzung von Wahllisten für den brandenburgischen Landtag sollen abwechselnd Frauen und Männer vertreten sein.“ Er überlegte einen Moment und formulierte: „Ich sage klar Ja zur Beteiligung der Frauen in der Politik. Die Diskussionskultur in der Politik wird auf jeden Fall besser, je mehr Frauen mit anwesend sind. Ich glaube an die Gleichberechtigung. Ich glaube aber nicht, dass man per Gesetz verordnen sollte, wer auf einen Platz kommt. Da sollte das Leistungsprinzip gelten. Eine starre Quote ist der falsche Weg.“

Heiko Prüwer (AfD) sollte sich dazu äußern: „Brandenburg soll vor dem Jahr 2038 aus der Kohleverstromung aussteigen.“ Er sagte: „Wir sind nicht dafür. Das ist für uns der zweite Schritt, bevor der erste gemacht wurde. Die Braunkohle und die Kernenergie erschaffen den Strom, die Windenergie und die Photovoltaic schaffen das noch nicht.“

Thomas Fuhl als Einzelkandidat ohne Partei im Hintergrund war nicht auf das Podium geladen worden, bekam aber in der ersten Sitzreihe eine These überreicht: „Das Wahlalter bei Landtagswahlen in Brandenburg soll auf 14 Jahre gesenkt werden.“ Er erklärte: „Ich habe mich schwergetan mit der Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Meine Kinder haben mit aber erklärt, dass die Schüler heute so aktiv im Leben sind, wie das in meiner Jugend nicht der Fall war. Es ist also gut, dass wir das Wahlalter mit 16 realisiert haben. Ich bin aber nicht dafür, es auf 14 Jahre zu senken.“

Weitere Statements wurden für alle Politiker freigegeben. So sieht sich Ursula Nonnemacher von den Grünen auf Bundesebene sehr offen für Modellprojekte zum bedingungslosen Grundeinkommen, während Heiko Prüwer (AfD) klar sagt: „Kein Grundeinkommen ohne Leistung.“ Weitere Themen vor Ort waren u.a. das 365-Euro-Ticket für den gesamten Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg und die Legalisierung von Cannabis.

Im Anschluss durften die Politiker Fragen an die Jugendlichen stellen. Ursula Nonnemacher heimste viele hochgereckte Hände bei ihrer Frage ein, ob denn der Kampf gegen den Klimawandel das wichtigste Thema für die Jugendlichen sei. Ines Jesse konnte mit ihrer Forderung nach bezahlbarem Wohnraum nicht so viel Begeisterung wecken. Und Heiko Prüwer verschreckte die Schüler mit der Frage, ob sie im Unterricht denn auch wirklich wertneutral unterrichtet werden. Er habe das Gefühl, dass die Standpunkte der AfD im Schulunterricht nicht zur Sprache kommen. Seine Kritik an den Fridays-for-Future-Demos sorgte bei den Schülern für viele Gegenargumente. Eine richtige Diskussion kam auf, als Amid Jabbour das Thema Digitalisierung ansprach. Die Schüler wünschten sich ein freies WLAN in den Schulen, mehr Gesamtschulen in der Region, mehr Pädagogik-Fortbildungen für Lehrer und mehr Fortschritt in den Klassenräumen: Viele Smartboards würden nur als Deko an der Wand hängen.

Jonathan Manti: „Das Marie-Curie-Gymnasium aus Dallgow-Döberitz ist mit einem ganzen PB-Kurs angereist, um die Politiker zu hören. Leider haben die anderen Schulen in der Region ihren Schülern nicht frei gegeben.“ Das ist sehr schade, denn einen lebendigeren Kurs in Politischer Bildung kann man sicherlich als Schüler nicht vermittelt bekommen. (Text/Fotos: CS)

Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 162 (9/2019).

Der Beitrag Jugend fragt nach: Die Landtagskandidaten stellten sich den Fragen des Falkenseer Jugendforums! erschien zuerst auf FALKENSEE.aktuell.


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