Ganz egal, um welche Branche es geht: Alle Firmen haben zurzeit große Probleme damit, ihre freien Stellen zu besetzen. Deswegen heißt es immer öfters: Das Personal, das ich brauche, bilde ich eben selbst aus. Das hat den Vorteil, das man sich seine eigenen Mitarbeiter heranziehen kann. Doch wie begeistert man den Schüler von heute dafür, der Azubi von morgen zu sein? Seit nunmehr 16 Jahren bringt die Stadt Falkensee Betriebe und Behörden mit den Schülern zusammen – und lädt sie zur „Praktikums- und Ausbildungsmesse“ ein.
Das Format hat sich bewährt und in der Falkenseer Stadthalle die perfekte Heimat gefunden. Für die 16. Neuauflage der Messe hatten sich 82 Aussteller angemeldet. Ihre aufwändig inszenierten Stände konnten von den Schülern in der großen Halle, im gesamten Foyer und sogar auf dem Campusgelände im Freien besucht werden.
Bürgermeister Heiko Müller: „Die 16. Auflage unserer beliebten Praktikums- und Ausbildungsmesse verdeutlicht, wie wichtig dieses Instrument der Nachwuchskräftesicherung für viele Arbeitgeber in unserer Region ist. Das Informationsangebot ist sehr vielfältig. Ich lade alle jungen Leute aus Falkensee und Umgebung herzlich ein, sich ausgiebig zu informieren. Der eine oder die andere findet so vielleicht schon frühzeitig den Weg zum Traumberuf.“
Pünktlich um neun Uhr füllte sich das Areal mit zahllosen Schülern aus Falkensee und der gesamten Umgebung. Babett Ullrich von der Falkenseer Wirtschaftsförderung hat die Messe mit organisiert: „Insgesamt haben wir über tausendeinhundert Schüler aus der Region begrüßt, vor allem aus der 9. und 10. Klasse. Wir haben die Schulen gezielt eingeladen. Oft wurde der Besuch der Messe bereits im Unterricht vorbereitet, etwa im Rahmen der WAT- oder PB-Stunden. Mit 82 Ausstellern waren es in diesem Jahr einige mehr als im letzten Jahr, da zählten wir 79. Einige treue Aussteller sind übrigens schon von Anfang an mit dabei. Die Firmen und Behörden dürfen sich völlig kostenfrei auf der Messe präsentieren – und nehmen dieses Angebot dankend an. Vor allem jetzt, wo es schwerfällt, die Ausbildungsplätze zu besetzen. Die Firmen unternehmen inzwischen auch sehr viel, um mit den Schülern in Kontakt zu treten. Viele haben sogar ihre aktuellen Azubis mitgebracht.“
Um den Schülern den Aufenthalt auf der Messe so angenehm wie möglich zu gestalten, waren gleich vier Helfer vom lokalen Lise-Meitner-Gymnasium als „Schülerguides“ in den Hallen unterwegs. Vianna Sliwka (15) und Lena Kasserling (15) gehörten dazu – und hatten sich die grüne Warnweste mit dem Schriftzug „Schülerguide“ übergestreift. Mit einem Ausstellerplan auf dem Tablet-Computer warteten sie auf etwaige Problemfälle. Vianna Sliwka: „Wir haben die Fragen der Schüler beantwortet und zeigten ihnen den Weg zu bestimmten Ständen, die sie gerade gesucht hatten.“
Eine Schülerin, die auch ohne Hilfestellung zu einem zufriedenstellenden Ergebnis ihres Messebesuchs fand, war Hannah Meyer (15) aus einer 10. Klasse des Lise-Meitner-Gymnasiums: „Ich habe bereits ein paar deutliche Ideen, was meine berufliche Zukunft anbelangt. Passend dazu habe ich aber keinen Aussteller auf der Messe angetroffen. Das war aber auch gar nicht meine Intention. Ich habe mich eher gezielt nach Praktika und nach einem Ferienjob erkundigt. Das hat auch sehr gut geklappt. So habe ich einen Ferienjob bei der Konditorei Meister Möhring (www.meister-moehring.de) in Rathenow in Aussicht. Da soll ich jetzt einmal eine Mail hinsenden – und dann schauen wir, ob das klappt.“
Bürgermeister Heiko Müller zeigte sich ob des starken Interesses der Schüler sehr begeistert: „Ich freue mich, dass wir die Halle wieder voll haben. Wir haben ein tolles Arbeitsangebot, aber leider viel zu wenig Fachkräfte. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass viele Mitarbeiter demnächst die Unternehmen verlassen, weil sie in den Ruhestand gehen. Die Schüler von heute sind deswegen umso mehr die wirtschaftliche Zukunft der Firmen von morgen. Ich freue mich auf eine erfolgreiche Messe und wünsche mir, dass viele Schüler ihren Weg zu ihrer beruflichen Zukunft finden.“
Auf die jungen Besucher der Messe warteten viele Attraktionen. So konnten sich die Schüler vor Ort kostenlose Bewerbungsfotos anfertigen lassen. Ein Fotograf war andauernd in Aktion und leuchtete ein Gesicht nach dem anderen aus. Die IHK Potsdam hatte außerdem wieder für ein Bühnenprogramm gesorgt. Am interessantesten war für die Schüler aber natürlich wieder der direkte Kontakt mit den Firmen.
Mario Lehmann, Ausbilder bei der Firma Grunske Metall-Recycling GmbH & Co. KG (www.grunske.net) aus Germendorf bei Oranienburg: „Ich bin sehr erfreut, dass sich die Schüler sehr gut auf ihren Besuch auf der Messe vorbereitet haben. Das kenne ich von anderen Messen ganz anders, da haben die Schulen sehr viel getan. Wir sind jetzt zum dritten Mal in Falkensee mit dabei. Im kommenden Ausbildungsjahr wissen wir, ob sich der Besuch ausgezahlt hat. Wir bilden Berufskraftfahrer aus und Fachkräfte für die Kreislauf- und Abfallwirtschaft.“
Früher, so manche Mittfünfziger erinnern sich, drängten viele Abiturienten zu einer Ausbildung bei einem Geldinstitut. Bank oder Sparkasse – das versprach in jedem Fall ein gutes Gehalt, eine krisensichere Anstellung und ein gewisses Image.
Das hat sich gewandelt, weiß Ingo Liebenow, Leiter der Filiale der Deutschen Bank (www.deutsche-bank.de) in Falkensee: „Als Kind oder auch als Jugendlicher hat man heutzutage ja nicht mehr sehr viele Berührungspunkte mit der Bank. Früher ist man vielleicht als Kind mit seinen Eltern einmal in eine Bankfiliale gegangen, um ein Überweisungsformular abzugeben oder um Geld abzuheben. Heute passiert das alles online. Und Finanzen sind in der Schule leider kein großes Thema. Manche Schüler haben auch Angst vor dem Bankensterben und befürchten, dass eine Anstellung bei uns ein Beruf ohne Zukunft ist. Das stimmt natürlich so nicht. Einen finanziellen Beratungsbedarf wird es immer geben. Und dafür benötigen wir eben gut ausgebildete Mitarbeiter. Im Westen Brandenburgs haben wir von fünf offenen Stellen aber nur zwei besetzen können. Es ist nicht mehr so wie früher – die Bewerbungen bleiben aus. Dabei sind die Hürden, die bei uns bis zur Einstellung zu nehmen sind, inzwischen niedriger als früher.“
Aus Falkensee kommt das Unternehmen fehmer GmbH (www.fehmergmbh.de), das Landschaftsgärtner ausbildet. Benjamin Gustke ist im Unternehmen Polier und Ausbilder. Er sagt: „Als Landschaftsgärtner gibt es viele Einsatz- und auch Aufstiegsmöglichkeiten. Wer möchte, kann in diesem sehr naturverbundenen Bereich auch seinen Meister machen. Auch ein Duales Studium ist bei uns möglich.“
Genau dafür hat sich auch Vincent Schmitz (18) entschieden. Er macht zurzeit seinen Bachelor of Engeneering im Bereich Garten- und Landschaftsbau und Grünflächenmanagement und erklärt: „Im Dualen Studium bekomme ich sehr viel Praxis und kann das Erlernte sofort im Unternehmen einsetzen.“
Auch Benjamin Gustke fällt es schwer, neue Anwärter für die Ausbildung zu finden: „Wir können uns über die Anzahl der Bewerbungen eigentlich nicht beschweren. Aber manche, die eine Bewerbung schreiben, kommen erst gar nicht zum vereinbarten Gesprächstermin. Andere haben eine komplett andere Vorstellung von der Arbeit, die auf sie wartet, und brechen die Ausbildung vorzeitig wieder ab. Ich habe aber das Gefühl, dass es in diesem Jahr wieder besser wird mit den Auszubildenden. Wir sind übrigens auch gern bereit dazu, über nicht ganz so gute Noten hinwegzusehen, wenn wir die Erkenntnis gewinnen, in einem Bewerber einen Rohdiamanten vorzufinden, der erst in der Ausbildung zu seinem vollen Potenzial findet.“
Zum ersten Mal auf der Praktikums- und Ausbildungsmesse dabei war in diesem Jahr die Mecklenburgische Versicherungsgruppe (www.mecklenburgische.de). Ralf-Info Harring brachte als Leiter der Vertriebsentwicklung in Potsdam gleich drei Azubis mit an den Stand. Er erklärte: „Wir sehen unseren Auftritt auf der Messe eher als Öffentlichkeitsarbeit an. Wir bilden in ganz Brandenburg nämlich nur ein bis zwei Versicherungsfachmänner oder -frauen pro Ausbildungsjahr aus, die wir den einzelnen Agenturen vor Ort andienen. Natürlich können auch die Agenturen selbst ausbilden.“
Von der Falkenseer Agentur war Anne Weishäutel mit dabei: „Wir haben bei uns in Falkensee immer einen Auszubildenden. Der wird auch in den anderen Agenturen eingesetzt, damit er oder sie auch Erfahrungen mit anderen Arbeitsweisen sammeln kann. Wenn ein Auszubildender richtig gut zu uns passt, versuchen wir natürlich, ihn dauerhaft an uns zu binden.“
Staatssekretärin Ines Jesse flanierte ebenfalls über die Messe: „Ich freue mich, dass so viele Landesbehörden vor Ort präsent sind. Es ist sehr gut, dass sie sich vorstellen, da es uns so auch gelingen kann, die Jugendlichen an unser wunderbares Brandenburg zu binden. Es ist ganz besonders wichtig für die Firmen und Behörden, die Jugendlichen hier vor Ort zu beraten und zu informieren. Denn die demografische Entwicklung wird so verlaufen, dass wir in vielen Berufsfeldern keine 100-prozentige Auslastung mehr erwarten können. Man muss sich schon etwas einfallen lassen, um seine Auszubildenden von morgen zu erreichen und zu begeistern.“
Entsprechende Ideen bringt die TOI TOI & DIXI Sanitärsysteme GmbH (www.toitoidixi.de) aus Dallgow-Döberitz mit. Das Unternehmen wächst sehr schnell und sucht Mitarbeiter in allen nur erdenklichen Bereichen – vom Fahrer über Rechnungsprüfer, Disponenten und Vertriebler bis hin zu neuen Mitarbeitern im Backoffice. Sogar passende Führungskräfte sind nicht leicht zu finden.
Juliane Vehma von der Personalabteilung Berlin-Brandenburg: „Wir haben firmenintern ein Programm mit dem Namen ‚Mitarbeiter werben Mitarbeiter‘ aufgelegt. Das funktioniert sehr gut. Wer uns einen Mitarbeiter empfiehlt, erhält eintausend Euro brutto ausgezahlt, sobald der neue Kollege die Probezeit überstanden hat.“
Ganz egal, ob die Barmer Krankenversicherung, der TSV Sportverein, der Landkreis Havelland, die Polizei Brandenburg, die Havelland Kliniken, die Sparkasse oder Amazon: Alle Aussteller freuten sich sehr über das rege Interesse der Schüler. Nun stellt sich einmal mehr die Frage: Wird der Messeauftritt Früchte tragen und für neue Auszubildende sorgen? Die Zukunft wird es weisen. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 163 (10/2019).
Der Beitrag 16. Praktikums- und Ausbildungsmesse in Falkensee: Zukunft gesucht! erschien zuerst auf FALKENSEE.aktuell.