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Channel: Seite 384 – Unser Havelland (Falkensee aktuell)
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Vom Sachsentod und anderen Pilzvergiftungen: Der Pilzsachverständige Werner Malchow kennt sich aus!

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Mit dem Regen kamen die Pilze. In den Wäldern stehen sie zurzeit dicht an dicht. Viele, die sich mit den „Schwammerln“ nicht wirklich auskennen, werden nun dazu verleitet, mit Körbchen und Schneidemesser „in die Pilze“ zu gehen. Aber kann man die gesammelten Pilze auch wirklich alle essen? Im Zweifelsfall hilft Werner Malchow (72) als Pilzsachverständiger weiter – und das bereits seit 39 Jahren.

Der Mecklenburger war früher als Apother tätig, hat lange in Falkensee gelebt und wohnt seit 1996 in Brieselang: „Es gibt nur noch zwei Pilzsachverständige im ehemaligen Landkreis Nauen. Wer unsere ehrenamtlichen Dienste in Anspruch nehmen möchte, findet unsere Kontaktdaten auf der Homepage des Brandenburgischen Landesverbands der Pilzsachverständigen e.V. (www.blp-ev.de).“

Als Pilzsachverständiger besitzt Werner Malchow einen entsprechenden Ausweis: „Wir führen auch Buch über jede Pilzberatung.“ 2017 hatte Werner Walchow noch richtig viel zu tun, zuletzt gab es aufgrund der trockenen Jahre deutlich weniger Anfragen. Bis Anfang Oktober der Regen kam: „Ich kam auf dem Urlaub wieder und plötzlich war der Wald voller Menschen. Ich bin auch gleich eine Runde gelaufen und war sehr erfreut, welche Pilzarten man plötzlich wieder findet. Nur der Pfifferling, der ist weiterhin kaum zu sehen. Vielleicht ist das Myzel hier so grundlegend geschädigt worden, dass es sehr lange dauern kann, bis es sich wieder erholt. Mein eigener Lieblingspilz ist übrigens der Rötliche Holzritterling – weil er so hübsch aussieht.“

Ein Problem bei der Pilzbestimmung sind die neuen Medien. Ein Foto, bei Facebook eingestellt, zeigt eben nicht alle wichtigen Informationen, die nötig sind, um einen Pilz eindeutig zu bestimmen.

Werner Walchow: „Einen Pilz muss ich von allen Seiten betrachten. Wie sieht der Hut von oben aus, wie von unten? Gibt es Lamellen oder einen Schwamm? Ist der Stiel innen hohl? Ist er geschuppt oder gerieft, hat er einen Ring? Wie riecht der Pilz? Verfärbt sich seine Schnittstelle? Einen Pilz muss ich sehen, riechen, kratzen, schneiden und schmecken. Ich habe in diesem Jahr zwei WhatsApp-Bilder mit der dringenden Bitte um Pilzbestimmung bekommen. Da hatte ein Kitakind im Wald einen Pilz gegessen, und niemand wusste, ob er giftig war oder nicht. Im anderen Fall hatte die demente Bewohnerin einer Senioren-Pflegeeinrichtig Pilze im Garten gegessen. Das Problem ist, dass ich keine eindeutige Pilzbestimmung vornehmen kann, wenn ich den Pilz auf einem Foto nur von oben sehe.“

Erschwerend kommt sogar noch dazu: Auch die essbaren Pilze sind im rohen Zustand meist giftig. Eine Ausnahme ist der Champignon: „Es gilt: Alle Pilze sollten wenigstens zwanzig Minuten lang geschmort werden, dabei zerfallen die meisten Gifte.“

Pilze stecken eben leider nicht nur voller leckerer Geschmacksstoffe, sondern auch voller pharmakologischer Ausnahmegifte. Werner Malchow: „Unser giftigster Pilz ist der Grüne Knollenblätterpilz. Er hat eine Latenzzeit von bis zu drei Tagen. Da Beschwerden erst so lange nach dem Verzehr auftreten, machen die Betroffenen den Pilz oft nicht mehr für sie verantwortlich. Das Pilzgift zerstört die Leber. Früher war eine solche Vergiftung immer tödlich, heute kann man dank Intensivtherapie 60 Prozent der Betroffenen retten.“

Als „Sachsentod“ ist eine andere Pilzvergiftung bekannt geworden. Werner Malchow: „In Sachsen wächst der Graue Wustling, ein gern gesammelter Speisepilz. Der kann aber mit dem giftigen Pantherpilz verwechselt werden. Den gibt es aber in Sachsen nicht – oder nur in ganz geringen Stückzahlen. In Brandenburg ist es genau anders herum. Viele Sachsen, die in Brandenburg Pilze suchen, haben sich mit dem Pantherpilz vergiftet, weil sie ihn mit dem Wustling verwechselt haben. Dieser Pilz verursacht mitunter Halluzinationen und kann zu Tobsuchtsanfällen führen. Die Betroffenen werden oft eingeliefert, verlieren im Krankenhaus manchmal alle Hemmungen und rufen den Schwestern schlimme und anzügliche Dinge hinterher. Die Betroffenen fallen anschließend in einen todesähnlichen Schlaf. Und wenn sie wieder aufwachen, können sie sich an nichts mehr erinnern.“ (Text/Foto: CS)

Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 164 (11/2019).

Der Beitrag Vom Sachsentod und anderen Pilzvergiftungen: Der Pilzsachverständige Werner Malchow kennt sich aus! erschien zuerst auf FALKENSEE.aktuell.


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