Heiko Schulze (54) ist in Falkensee aufgewachsen und arbeitet bereits sein ganzes Leben lang für die Bahn. In seiner Freizeit malt er gern mit Acrylfarben. In seinem Portfolio finden sich – bei seinem Beruf naheliegend – auch viele Bahnmotive, die sich direkt in Falkensee verorten lassen. Kein Wunder also, dass der „Verschönerungsverein Falkensee e.V.“ an ihn gedacht hat, als es darum ging, die Stromkästen in der Bahnhofstraße zu bemalen.
Ja, darf der das denn? Seit Juni 22 konnte man ab und zu einen weißhaarigen, sportlichen Künstler in der Bahnhofstraße dabei beobachten, wie er die Spraydose zückte, um die verschiedenen Stromkästen mit bunten Motiven zu versehen.
Handelte es sich dabei vielleicht um einen Sprayer, einen Gang-Tagger, einen mitteilsamen Sportverein-Fan? Mitnichten.
Die Paartherapeutin Izabela Janssen gehört zu den Gründern des „Verschönerungsvereins Falkensee“ (www.verschoenerungsverein-falkensee.de), der im letzten Jahr entstanden ist, um der Gartenstadt wieder ein bisschen mehr Farbe ins graue Antlitz zu schleudern: „Falkensee erscheint mir postkommunistisch eintönig. Das wollte ich ändern. Von der e.dis haben wir die Erlaubnis bekommen, 750 Stromkästen und Kabelverteiler im Ort zu verschönern. Dabei hatten wir die Idee, nur Falkenseer Künstler mit der Aufgabe zu betrauen. Und die Motive sollten immer zum Straßennamen passen. Wir wurden auf Heiko Schulze aufmerksam, der seine Eisenbahn-Bilder schon mehrfach ausgestellt hatte. Wir dachten, dieser Künstler würde mit seinen Motiven doch perfekt zur Bahnhofstraße passen.“
Heiko Schulze, der bei der Deutschen Reichsbahn noch als Lokführer gearbeitet hat und nun in Großbeeren als Disponent weiter im Bahnumfeld tätig ist: „Ich habe die Anfrage bekommen, mich aber erst einen vollen Monat später zurückgemeldet. Ich wollte nämlich unbedingt absagen, weil ich so etwas zuvor noch nie gemacht hatte. Ich war ja kein Sprayer, sondern ein reiner Pinselmaler. Was, wenn ich versage – und das dann auch noch in der Öffentlichkeit, wo mir jeder zusehen kann?“
Heikos Frau Conny hingegen war sofort Feuer und Flamme: „War für eine tolle Idee, die hässlichen Kästen mit Bildern zu bemalen.“
Heiko Schulze, der ansonsten auch phantastische Bücher illustriert und viele Plattencover für die Band Novocaine 99 gemalt hat, ließ sich überzeugen. Der erste Stromkasten wurde im Juni 22 direkt vor der Kirche verschönert. Als nächstes kam der Stromkasten an der Einfahrt zur Schule am Gutspark an die Reihe. Nun folgte am 28. August Kasten Nummer drei – direkt an der Einfahrt zur Seegefelder Straße. Alle drei bereits bemalten Kästen bilden damit ein Dreieck auf Sichtentfernung.
Heiko Schulze: „Für den ersten und den zweiten Kasten habe ich nach dem Säubern und Grundieren sechs Stunden für das Bemalen gebraucht, beim dritten Kasten waren es nur noch vier Stunden. Richtig zufrieden bin ich aber noch nicht. Ich muss immer noch die feinen Linien mit dem Pinsel malen. Besser wäre es, ich würde nur mit der Spraydose arbeiten.“
Rund um den fleißigen Künstler war am 28. August der ganze Boden bedeckt – mit zahllosen Sprühdosen, Acrylfarben, Pinseln und anderen Utensilien. Izabela Janssen: „Wir haben von der e.dis eine Tausend-Euro-Spende bekommen, um damit die benötigten Materialien zu bezahlen. Wir haben gerade noch einmal neue Sprühdosen angeschafft, die noch besser sind als die, die wir davor eingesetzt haben. Und natürlich bekommt Heiko zum Schutz für sich selbst Handschuhe und eine Maske.“
Heiko Schulze: „Wir überlegen noch, ob wir die Bilder auf den Stromkästen versiegeln, damit sie nicht übermalt werden. Aber das ist bislang noch nicht passiert.“
Izabela Janssen: „Wir haben mit den Sprayern im Ort gesprochen und sozusagen das Revier aufgeteilt. Wir sind ja nur an den Stromkästen interessiert. Wir haben ihnen auch angeboten, sie bei anderen Projekten mit ins Boot zu holen.“
Bei der kreativen Arbeit an den Stromkästen bleiben immer wieder Passanten stehen und stellen Fragen. Damit der Künstler nicht abgelenkt wird, sind bei den Aktionen immer auch andere Mitglieder aus dem Verein mit dabei. Am 28. August waren dies Izabela Janssen und Jan Pollman. Izabela Janssen: „Wir sprechen mit den Spaziergängern, helfen Heiko, machen Fotos und Videos für die Homepage und malen am Ende unser Logo für die Aktion oben auf den Kasten drauf – eine Farbrolle und das aktuelle Datum. Wir überlegen, auch noch einen QR-Code hinzuzufügen, der zu einer Homepage mit der Geschichte des Bildes führt.“
Heiko Schulze hat in der Bahnhofstraße noch einiges zu tun. Die Straße ist lang und hat noch viele weitere Stromkästen zu bieten: „Es ist ein geiles Gefühl, durch die Bahnhofstraße zu fahren und meine Kästen zu sehen. Das ist sozusagen meine ganz eigene Sightseeingtour.“
Izabela Janssen: „Wenn die Bahnhofstraße erst einmal fertig ist, machen wir in der Poststraße weiter. Hier werden wir echte Falkenseer Briefmarken von 1945 als Motiv verwenden, die ich bei eBay ersteigert habe. Die Kästen in der Poststraße werde ich selbst zusammen mit einem Kollegen bemalen, da freue ich mich schon drauf.“
Das gilt auch für Jan Pollmann: „Ich komme eigentlich aus der Politik. Ich habe mich anstecken und für das Projekt begeistern lassen.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 199 (10/2022).
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