Boxen, das war auch in Deutschland einmal das ganz große Ding im Fernsehen. Henry Maske, Rocky Graziano, Sven Ottke und René Weller sorgten für Einschaltrekorde. Das ist leider schon viele Jahre her. Boxpromoter Almin Kuc arbeitet in Falkensee ganz an der Basis an einer Auferstehung – und legte bei der zweiten Auflage seiner „Falkenseer Profiboxgala“ noch einmal ordentlich eine Schippe drauf.
Im April präsentierte sich der Spandauer Bauunternehmer Almin Kuc vor Ort als Boxpromoter. Mit seiner Kuc Boxing Promotion GmbH (KBP Boxing) lud er zur allerersten „Falkenseer Profiboxgala“ ein. Neun Kämpfe fanden in der Veranstaltungshalle der Falkenseer Stadthalle statt.
Freunde des Boxsports mussten nicht lange auf eine Wiederholung warten. Am 8. Oktober ging es bereits in die zweite Runde. Und wie. Anstatt von neun Kämpfen waren dieses Mal zwölf Kämpfe angesetzt, darunter zwei äußerst interessante. Die Veranstaltungshalle wurde dieses Mal nur noch als VIP-Bereich verwendet. Stattdessen hatte man die Sporthalle in einen gewaltigen Boxring verwandelt, wie man ihn vielleicht eher in Las Vegas und nicht unbedingt in Falkensee verortet hätte. Über dem Boxgeviert schwebten vier riesige LED-Wände, um das Geschehen im Ring stark vergrößert anzuzeigen – auch für die Zuschauer, die weiter entfernt auf den Rängen der Tribüne saßen. Eine Seitenwand der Halle war komplett schwarz abgehangen – von hier aus starteten die Kämpfer zu ihrer Einmarschmusik durch die ganze Halle, um den Boxring herum und hin zu ihrer Ecke. So eine gewaltige Show hat Falkensee bislang noch nicht zu sehen bekommen. Hier hat man deutlich gesehen, was für ein Potenzial die Stadthalle eigentlich hat.
Eintrittskarten wurden im Vorfeld über Eventim verkauft. Die Veranstaltung selbst wurde von fight24.tv live ins Internet gestreamt. So konnten Boxfreunde aus der ganzen Welt bei der Veranstaltung zuschauen, ohne das Sofa zu verlassen.
Um Punkt 18 Uhr ging der Abend los, erst um Mitternacht sollte er zuende sein. Bis dahin gab es Boxen pur, nur unterbrochen durch kurze Pausen.
An die tausend Zuschauer ließen sich die Kämpfe nicht entgehen. Es hätten noch mehr sein können, die meisten Zuschauer kamen direkt aus der Boxszene. Was schade ist: Es gibt sicherlich auch in Falkensee und im Havelland viele Boxfreunde, die aber von dieser Eventreihe bislang noch nichts mitbekommen haben. Hier ist durchaus noch Potenzial vorhanden.
Dirk Albrecht, Amtsleiter des Grundstücks- und Gebäudemanagements in Falkensee, war einer der wenigen Falkenseer vor Ort: „Ich bin schon zu Zeiten der DDR nach Frankfurt an der Oder gefahren, um beim Boxen zuzusehen. Die Sportler vom ASK Vorwärts haben damals in der Oberliga geboxt.“
Der Matchmaker hatte im Vorfeld ordentlich zu tun, um für die gemeldeten Boxer die passenden Gegner zu finden. Die Fightcard wurde bis zum Start der Boxgala immer wieder umgeschrieben, weil die Gegner doch nicht perfekt zueinander passten oder weil Duelle platzten. Doch am Ende kamen Kämpfer u.a. aus Deutschland, Polen, Ungarn, Polen, Serbien und aus der Ukraine in Falkensee zusammen, um sich im Federgewicht (57 Kilo), Leichtgewicht (60 Kilo), Weltergewicht (69 Kilo) oder Mittelgewicht (75 Kilo) miteinander zu messen. Auch im Schwergewicht (92 Kilo) standen Kämpfe an. Die einzelnen Kämpfe gingen über vier bis zehn Runden à drei Minuten, nur bei den Frauen wurde in 2-Minuten-Runden gekämpft.
Die Zuschauer sahen spannende Kämpfe auf einem sehr hohen Niveau. Gab es bei der ersten Boxgala noch mehrere schwere K.O.s, so landete bei der Wiederholung niemand auf den Brettern. Stattdessen gab es nur ein technisches K.O. und eine Aufgabe. In beiden Fällen musste kein Handtuch geworfen werden.
Ron Hain aus Falkensee hatte seine Mutter zum Boxen ausgeführt. Sie wurde am 8. Oktober 65 Jahre alt – und liebt den Boxsport. Für sie war es eine Premiere am Ring. Und dann das: Die Boxergemeinde sang ihr ein Ständchen und überreichte Blumen! Ron Hain: „Falkensee ist ein schlafender Riese, was den Boxsport anbelangt. Falkensee ist so nah dran an Berlin. Wir könnten Box-Hauptstadt werden. Almin Kuc hat bereits bei der ersten Profiboxgala ordentlich vorgelegt. Das hat er bei der Wiederholung deutlich getoppt.“
Patrick Trietz von KBP Boxing: „Wir kommen ja aus Spandau. Spandau und Falkensee, das ist doch wie Bruder und Schwester. Wir möchten das Boxen wieder groß machen und wären sehr froh, wenn Falkensee uns dabei hilft. Wir übertragen die Boxkämpfe in die ganze Welt. Wer Boxen noch vom Fernsehen her kennt, kann gern kommen. Almin Kuc hat vor, die Stadthalle Falkensee zu seiner Boxfestung auszubauen. Wir möchten gern alle drei bis vier Monate eine neue Boxnacht veranstalten. Bereits im Januar oder Februar könnte es weitergehen. Die Gedanken sind da.“
Im Boxring ging es sehr spannend zu, zumal Ringsprecher Ingo Rohrbach aus Hamburg vor jedem Kampf genau ansagte, woher die Boxer kommen, wie viele Kämpfe sie bereits gewonnen und verloren haben und wer sie trainiert hatte.
Neugierig waren die Zuschauer auf den Kampf von Rico Müller. Der Boxer kommt schließlich aus dem nahen Eberswalde. Er bestritt seinen 35. Profikampf (28 Siege) – und siegte auch gegen Gabor Gorbics aus Ungarn (60 Kämpfe). Der 34-jährige nach seinem Kampf: „Mein Gegner war ein zäher Junge, der hat mich ein paar Mal gut getroffen. Ich danke Almin Kuc für die Chance, hier zu boxen. Ich fühle mich nicht zu alt für den Boxring. Da geht noch was.“
Die Stimmung in der Halle kochte richtig hoch, als Nina Meinke aus Spandau in den Ring kletterte. Die 29-jährige Profiboxerin (16 Kämpfe, 13 Siege) ist die Patentochter von Boxer Sven Ottke – und ein echter Publikumsliebling. Sie trat gegen die 33-jährige Karina Szmalenberg aus Polen an, die mit 71 bestrittenen Kämpfen ordentlich Ringerfahrung mitbrachte. In sechs Runden im Federgewicht flogen fast nonstop die Fäuste: Die Zuschauer bekamen ordentlich etwas zu sehen. Am Ende gewann die Lokalmatadorin deutlich nach Punkten. Nina „The Brave“ Meinke: „Das hat so Spaß gemacht, hier in meinem Wohnzimmer zu boxen. So glücklich war ich noch nie nach einem Kampf. Der Traum bleibt bestehen, jetzt nach den großen Gürteln zu greifen.“
Live vor Ort war auch der 80-jährige Ulli Wegner mit dabei. Die Trainerlegende aus Berlin, die in der Vergangenheit bereits Boxer wie Sven Ottke, Markus Beyer oder Arthur Abraham zu Weltmeistern formte, freute sich über den Kampf der Damen: „Nina ist immer in meinem Herzen. Sie hätte es schon lange verdient, Weltmeisterin zu werden.“
Im Hauptkampf boxte der 34-jährige Edin Puhalo alias „Iron Puki“ aus Bosnien im Cruiser-Gewicht gegen Roman Golovashchenko (34), der aus der Ukraine stammt, aber in Deutschland lebt. Edin Puhalo, IBO Continental Champ im Cruiser, ging als Favorit in den auf zehn Runden angesetzten Kampf: Von 22 Kämpfen hatte er bislang 21 durch K.O. gewonnen. Leider musste Roman Golovashchenko nach der zweiten Runde bereits aufgeben – die Schulter machte nicht mehr mit. So holte sich „Iron Puki“ den WBA Continental Europe Titel.
Ulli Wegner fasste den Abend zusammen: „Ich habe heute eine tolle Leistung gesehen. Wir haben heute nicht weniger gute Talente als vor zehn Jahren. Boxen ist nur gerade nicht so populär wie früher. Deutschand war einmal eine große Nummer im Boxsport. Das muss wieder kommen.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 200 (11/2022).
Der Beitrag Große Fights bei 2. Falkenseer Profiboxgala: KBP Boxing bringt 12 Boxkämpfe in die Falkenseer Stadthalle! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).