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Channel: Seite 384 – Unser Havelland (Falkensee aktuell)
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Falkensee: Am Haus am Anger gibt es ab sofort Wildblumensamen aus dem Automaten!

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Der Frühling steht vor der Tür, die Temperaturen steigen, die Bienen verlassen wieder ihren Stock. Wer etwas für die Honigbiene, die vielen Wildbienen und viele andere Nektar-saugende Insekten tun möchte, der säht Wildblumen in seinem Garten aus. Seit dem 13. März hängt nun ein knallgelber Bienenfutterautomat am Zaun vor dem Falkenseer Haus am Anger. Für 50 Cent gibt es hier Kapseln mit Samengut für gut zwei Quadratmeter Bodenfläche.

Früher summte es überall im ganzen Land. In den letzten Jahren haben wir einen Großteil der Insekten-Biomasse verloren, viele Arten sind sogar vom Aussterben bedroht. Neben dem Klimawandel gibt es einen weiteren Grund für diese hausgemachte Misere: Es gibt viel zu viele „grüne Wüsten“ in Deutschland; Monokulturen ohne Abwechslung. Es bräuchte deutlich mehr Wildblumenwiesen mit vielen verschiedenen Pflanzenarten, damit Bienen und andere Insekten sich das ganze Jahr über ernähren können.

Sybille Dietrich (65) hat in der Gartenstadt die „IG Wildblumen für Falkensee“ mitbegründet. In der Interessengemeinschaft üben der Imkerverein, der NaBu, der BUND, die AG Umwelt der lokalen Agenda 21 Falkensee, die Partei Bündnis 90/Die Grünen und interessierte Menschen den Schulterschluss: „Wir setzen uns für eine größere Artenvielfalt der Insekten in unserem schönen Falkensee ein.“

Die erste Idee der „IG Wildblumen“ war es, die Hausbesitzer dazu zu animieren, das Straßenbegleitgrün vor ihrer Haustür mit blühenden Wildblumen zu bepflanzen. Sybille Dietrich: „Wir hatten Fördermittel erhalten und konnten bei verschiedenen Gelegenheiten wie etwa bei der Pflanzenbörse im Gutspark kleine Saatguttütchen verschenken. Da die Stadt Falkensee dieses Projekt nicht weiter finanziell begleitet, mussten wir umdenken. Wir sind ja eine rein ehrenamtlich tätige Gruppe, wir haben keine eigenen Einnahmen.“

Die Grünen haben anschließend den Antrag gestellt, einen gewissen Geldbetrag in den Falkenseer Haushalt für das Jahr 2023 einzustellen, um einen Bienenfutterautomaten der Bienenretter Manufaktur anzuschaffen. Juliane Kühnemund aus der Stadtverordnetenversammlung: „Das ist mit der Unterstützung der anderen Fraktionen auch bewilligt worden.“

Die Idee hinter dem neuen Projekt ist diese hier: Bei der Bienenretter Manufaktur handelt es sich um ein selbständiges und unabhängiges Sozialunternehmen. Es verwendet alte Kaugummiautomaten, baut sie um, malt sie knallgelb an und befüllt sie anschließend mit kleinen Kapseln, die trockenes Saatgut enthalten. Mit der enthaltenen Samenmischung lassen sich etwa zwei Quadratmeter Boden bepflanzen. Bei den Saaten handelt es sich um ein- und zweijährige Pflanzen, die so zusammengestellt sind, dass über das Jahr hinweg immer etwas blüht – als bunte Futterstelle für einheimische Insekten.

Der allererste Bienenfutterautomat (www.bienenretter.com/bienenautomat/) wurde im Herbst 2019 in Dortmund aufgestellt. Inzwischen sind die schon aus weiter Entfernung sichtbaren Automaten an über 400 Orten in Deutschland zu finden.

Wichtig ist, dass in der angebotenen Kapsel so viele Pflanzenarten wie nur möglich enthalten sind, um für eine gewisse Biodiversität zu sorgen. Essenziell ist auch, dass die Samenmischungen immer perfekt an die Region angepasst sind, also keine Pflanzenarten enthalten, die in der Nachbarschaft nicht natürlich vorkommen. Das Saatgut soll auch nicht in der „freien Natur“ ausgebracht werden. Es ist wirklich nur für den eigenen Garten oder für den Balkonkasten vorgesehen.

Eine für das Havelland geeignete Samenmischung anstelle von Kaugummis – kann das funktionieren? Das wird die Zukunft zeigen. Sybille Dietrich: „50 Cent kostet es, eine Kapsel aus dem Automaten zu ziehen. Wir haben den Automaten am 13. März um 15:30 Uhr feierlich eingeweiht und mit den ersten Kapseln bestückt.“ Es gibt unter dem Automaten sogar eine Recyclingbox, in die man die leeren Kapseln einwerfen kann, damit sie neu befüllt werden können.

Was ist aber, wenn die Nachfrage nach den Samenbomben so hoch ausfällt, dass der Automat schon bald leer ist? Sybille Dietrich: „Hier haben wir das große Glück, dass wir unseren Automaten am Zaun vor dem Haus am Anger befestigen durften. Die Kinder der ‚AG Umwelt‘ vom Haus am Anger haben sich bereiterklärt, den Automaten unter ihre Obhut zu nehmen, um ihn bei Bedarf neu zu befüllen.“ 

Insbesondere diese Betreuung und Überwachung ist sehr wichtig. Sybille Dietrich: „Wir hatten erst die Idee, den Bienenfutterautomat vor dem Bürgeramt anzubringen. Aber da haben wir eine Absage bekommen, weil es niemanden gegeben hätte, der sich um den Automaten hätte kümmern kann.“

Das ist auch genau das Problem, wenn die Idee diskutiert wird, vielleicht noch einen zweiten Automaten in Finkenkrug aufzustellen. Sybille Dietrich: „Wir müssen eben immer einen Ort finden, an dem es Menschen gibt, die sich engagieren. Wir können das selbst nicht leisten. Und natürlich geht es auch ums Geld. Für so einen Automaten und das Saatgut muss man etwa 800 Euro aufbringen.“

Dass der neue quietschegelbe Automat bereits eine inspirierende Wirkung hat, wird man übrigens schon bald auch vor dem Haus am Anger sehen. Julia Leverkus ist hier seit Anfang Februar für den Bereich Umweltpädagogik tätig: „Wir werden nun zusammen mit den Kindern der ‚AG Umwelt‘ eine eigene Wildwiese anlegen, um dann zu beobachten, welche Insekten von ihr profitieren.“

Falkensees Bürgermeister Heiko Richter ließ sich den neuen Automaten ganz genau erklären. Er wurde am Ende der Präsentation regelrecht philosophisch: „Jeder weite Weg beginnt mit einem ersten Schritt.“ (Text/Fotos: CS)

Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 217 (4/2024).

Der Beitrag Falkensee: Am Haus am Anger gibt es ab sofort Wildblumensamen aus dem Automaten! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).


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