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Channel: Seite 384 – Unser Havelland (Falkensee aktuell)
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Eine Sozialgenossenschaft für den Nymphensee?

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Die Gemeinde Brieselang hat dem alten Pächter des Nymphensees die Kündigung ausgesprochen – zu groß waren in den Augen der Verantwortlichen die Mängel bei der Bewirtschaftung des Sees. Nun stehen gleich neun Interessierte Schlange, um die Nachfolge anzutreten. Die Sozialgenossenschaft Nymphensee hat sich bereits vor einer Entscheidung der Gemeinde in Stellung gebracht.

„Natur statt Rasur!“ – „Offen statt druff Hoffen!“ Mit Sprüchen wie diesen machte Anfang Februar eine zuvor noch nicht in Erscheinung getretene „Sozialgenossenschaft Nymphensee“ (www.sogeny.de) auf sich aufmerksam. Am 2. Februar lud sie gegen 14 Uhr bei warmem Tee und Kaffee zu einer Informations- und Gründungsveranstaltung direkt am Nymphensee ein. Ihr Ziel sei es, in Zukunft den See zu bewirtschaften. Mit der Veranstaltung sollte zugleich auch getestet werden, ob die Brieselanger sich überhaupt für das Konzept der Genossenschaft erwärmen können, bevor ein finales Konzept abgegeben wird. Anscheinend schon: Etwa 30 Brieselanger folgten dem Aufruf und fanden sich bei klirrender Kälte am halb zugefrorenen See ein.

Worum geht es? Der Nymphensee in Brieselang bringt es auf eine Fläche von sechs Hektar. Bei einer maximalen Tiefe von sechs Metern gibt es eine Sichttiefe von bis zu drei Metern. Im Sommer wird das Wasser bis zu 24,5 Grad warm. Nach mikrobiologischer Bewertung wurde die Badewasserqualität zumindest in den Jahren 2014 bis 2017 als „ausgezeichnet“ bewertet. Der Nymphensee ist von seinem Ursprung her ein Baggersee. Entstanden ist er, weil in den 30er Jahren Sand für den Bau des nahen Berliner Rings benötigt wurde. Der See speist sich allein aus dem Grundwasser, es gibt keinen natürlichen Ab- oder Zufluss. Das Nordufer ist für Badegäste freigegeben. Das Südufer und die beiden Inseln im See hingegen dürfen nicht betreten werden – sie gehören zum FFH-Schutzgebiet „Heimische Heide“. Viele seltene Vögel brüten hier.

Ein Pächter, der sich um die eingezäunte Badestelle, die Sanitäreinrichtung, einen kleinen Spielplatz, einen Imbiss und die Parkplätze kümmert, stellt den Badebetrieb vor Ort sicher, hält alles sauber und sorgt für die Verpflegung der zahlenden Gäste in der Saison. Ein Tauchverein und eine DLRG-Station gehören ebenfalls zu dem Areal. Der alte Pächter hatte das Areal vier Jahre lang unter seinen Fittichen, bevor ihm durch die Gemeinde Brieselang die Kündigung ausgesprochen wurde.

Bei einem Interessenbekundungsverfahren für die „externe Verpachtung und Betreibung des Naturbads Nymphensee“ haben sich neun Bewerber gemeldet, die im Januar 2019 sogar an einer Besichtigung vor Ort teilgenommen haben. Bis zum 5. Februar müssen sich diese Bewerber nun mit allen erforderlichen Unterlagen und einem eigenen Konzept bei der Gemeinde bewerben. Michael Koch (MdL), Bürgermeisterkandidat für Brieselang, erklärt: „Am 5. Februar um 10 Uhr endet die Frist für das Interessenbekundungsverfahren. Auf der nächsten Sitzung des Hauptausschusses am 20. Februar soll dann die Bewerberlage gesichtet werden, wobei die Verwaltung einen Vorschlag unterbreiten dürfte. Ob dann schon die endgültige Entscheidung fällt, kann ich noch nicht abschließend sagen. Das kommt auf die Beratung an. Wichtig ist mir, dass es sich um einen vollkommen offenen Entscheidungsprozess handelt.“

Die Gemeinde Brieselang hat auf jeden Fall schon einmal neue Regeln aufgestellt: „Ein möglicher Betreiber und Pächter verpflichtet sich, den dauerhaften Badebetrieb des Naturbades sicherzustellen und das Areal Nymphensee mit allen baulichen und sonstigen Anlagen, die einen Bestandschutz genießen, zu bewirtschaften und zu pflegen. Bauliche Veränderungen bedürfen etwa grundsätzlich der Zustimmungspflicht der Gemeinde, ehe ein Antrag beim zuständigen Bauordnungsamt überhaupt gestellt werden kann. Künftig soll es so sein, dass ein Betreiber und Pächter des Geländes auch die Besucherzahlen gegenüber der Verwaltung anzeigen muss. Ziel soll es sein, den Nymphensee ab dem 1. März an einen Betreiber zu verpachten.“ Und: „Angestrebt wird ein Pachtzeitraum von zehn Jahren mit Verlängerungsoption. Bis 2023 müssen zudem etwa die Eintrittspreise, darunter die Tageskarte für Erwachsene in Höhe von 3,50 Euro und die für Kinder bis zwölf Jahre in Höhe von zwei Euro, garantiert sein, so eine Voraussetzung.“

Noch weiß man nicht, wer sich zurzeit um den Nymphensee bemüht. Das heißt – von einem weiß man es doch. Die Sozialgenossenschaft Nymphensee machte via ausgehängter Zettel und einem Facebook-Post in der Brieselang-Gruppe auf sich aufmerksam. Sie kündigte für den 2. Februar eine Informations- und Gründungsveranstaltung am Nymphensee statt. Auf der Homepage heißt es dazu: „Die Sozialgenossenschaft Nymphensee, kurz Sogeny, steht für eine gemeinnützige Verwaltung des Nymphensees. Unser Ziel ist es, den See zu einem ganzjährigen Erholungsort in einem Stil zu gestalten, der zu uns passt. Jeder kann mitmachen! Wir unterscheiden uns von einem Verein dahingehend, dass wir wirtschaftlich ausgerichtet sein dürfen und mit dem Geld, das wir verdienen, in erster Linie Gutes tun. Deswegen wollen wir gemeinnützig werden. Kurz: Der Nymphensee soll zu einem Erholungsgebiet werden, der von den Bürgern gestaltet und verwaltet wird. Nicht bloß bezahlt.“

Am 2. Februar stellten sich die Ideengeber der Genossenschaft vor. Tim Schwarzenberger (24) wohnt in Berlin. Seine Wurzeln liegen aber in Brieselang: Seine Mutter Corine`t Hart leitet hier seit Februar 2014 den Sportverein Agora e.V.. Er sagt: „Wir sind selbstbewusst und gehen davon aus, dass wir das Ding gewinnen. Wir positionieren uns hier bewusst ein paar Tage vor der Konzeptabgabe, sodass sich jeder Bürger noch vorab mit seinen Ideen einbringen kann. Anschließend gründen wir die Sozialgenossenschaft direkt hier vor Ort am Nymphensee.“

Bei der Sozialgenossenschaft kann jeder Mitglied werden. Für 50 Euro erwirbt man einen Anteil, den man wenigstens sechs Monate halten muss. Wer anschließend wieder aussteigt, bekommt sein Geld wieder ausgezahlt. Jedes Mitglied hat bei allen Entscheidungen und Abstimmungen genau eine Stimme. Alles wird gemeinschaftlich entschieden. Auf der Homepage heißt es außerdem: „Genossenschaften sind aufgrund ihrer Struktur im Grunde gegen Insolvenzen sehr gut aufgestellt. Sollte es trotzdem passieren, haftet jedes Mitglied nur mit seinen Anteilen.“ Strukturell soll die Genossenschaft wie folgt aufgebaut sein: Der Vorstand, bestehend aus zwei Mitgliedern, wird auf drei Jahre gewählt und trägt u.A. die Verantwortung für das Tagesgeschäft. Der Aufsichtsrat besteht aus drei Mitgliedern und beruft den Vorstand ein. Er hat u.A. in regelmäßigen Abständen die wirtschaftliche Situation der Genossenschaft zu überprüfen.“

Die Sozialgenossenschaft Nymphensee hat bereits viele Ideen, wie die neue Bewirtschaftung des Areals aussehen soll – und zwar ganzjährig. Tim Schwarzenberger: „Wir wollen ganz eng mit dem Tauchverein und der DLRG zusammenarbeiten und ihre Arbeit wertschätzen.“ Außerdem soll es bei den Eintrittsgeldern eine breite Spanne an Ermäßigungen geben. Preiswerte Saison- und 3-Jahreskarten sollen für Stammkunden die Kosten dämpfen. Vor Ort soll es ökologische Kompost-Toiletten geben. Plastikabfall soll zumindest in der Gastro komplett vermieden werden. Im Imbiss soll eine Alternative zur fettigen Currywurst mit Pommes her. Tim Schwarzenberger: „Wir denken über Hühnchen mit Gemüse nach. Hier ist ein möglicher Partner bereits gefunden. Wichtig ist uns, dass die Gastronomie schnell, günstig, regional, frisch und biologisch arbeiten soll.“

Der Einklang mit der Natur ist den Genossen wichtig. Tim Schwarzenberger: „Wir denken darüber nach, ein Boot anzuschaffen, damit wir über den See zu den illegal angelegten Badebuchten fahren und die Badenden dort aus dem Naturschutzgebiet vertreiben können. Damit die Eidechsen und Vögel ungestört sind. Den NABU haben wir auch mit an Bord, hier besteht ein Kontakt.“

Anscheinend haben die Gründer der Genossenschaft schon vieles überdacht. Als am 2. Februar einer der neugierigen Besucher fragt, wie denn die Genossenschaft den täglichen Betrieb des Bades sicherstellen möchte, antwortet Tim Schwarzenberger: „Im ersten Jahr wollen wir die Personalkosten niedrig halten und vielleicht sogar auf ein Gehalt verzichten. Es kommt schließlich auf uns an, dass das hier etwas wird. Wir können auf vier Vollzeit- und fünf Halbkraftkräfte zurückgreifen.“

Auf der Homepage werden weitere Ideen genannt: „Starten wir Bildungsangebote gemeinsam mit Schulen, bringen wir uns ein und bewirtschaften unsere Gäste auf eine gleichberechtigte Art und Weise. Das Modell der Ausbeutung ist vorbei. Schöne, gemütliche Ecken sollen her. Beleben wir den Beachvolleyball wieder. Feiern wir Geburtstage und Hochzeiten, lachen und weinen wir gemeinsam. Genießen wir jeden Sonnentag. Mit denen, die uns wichtig sind.“

Klar ist eins: Für die Brieselanger war es nett, einen der neun Bewerber für die Bewirtschaftung des Sees bereits im Vorfeld der Entscheidung kennengelernt zu haben. Eine Entscheidung ist damit aber noch nicht getroffen. Die Gemeinde Brieselang wird die verschiedenen Konzepte der noch anonymen Bewerber sichten und anschließend eine Entscheidung treffen. Kommt ein anderer Bewerber zum Zuge, dann war die intensive Vorarbeit der Sozialgenossenschaft allerdings für die Katz. (Text/Fotos: CS)

Exklusivbericht für die Homepage.

Der Beitrag Eine Sozialgenossenschaft für den Nymphensee? erschien zuerst auf FALKENSEE.aktuell.


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